NABU-Pressedienst, NABU
Kreisverband Dieburg, Nr. 41, 24. Nov. 2010
Die Gersprenz macht das
schon ….
Exkursion zur
Bach-Renaturierung im europäischen FFH- und Vogelschutzgebiet Mittlere
Gersprenzaue
Der Arbeitskreis
Naturschutzscheune am Reinheimer Teich hatte als letzte der 26
Veranstaltungen im Jahresprogramm 2010 zu einer Exkursion in die Mittlere
Gersprenzaue eingeladen. Fritz Fornoff vom Arbeitskreis NRT konnte trotz
nasskaltem Wetter ca. 30 Interessierte begrüßen. Günter Schmidt vom RP
konnte aus gesundheitlichen Gründen leider nicht teilnehmen, so dass Fornoff
auch dessen wasserbaulichen Part routiniert mit übernahm.
Schon auf dem Weg zum
eigentlichen Ziel konnte er an einem renaturierten Stück des Dilsbaches
zeigen, dass es mit einfachen Maßnahmen möglich ist, bei einem ursprünglich
geraden und tief eingegrabenen Bach durch Einbringen von alten
Wurzelstöcken, Sand und Verlegung des Bachbettes deutlich mehr Struktur zu
erzielen: Sandbänke, Unterspülungen, Uferabbrüche und Uferbewuchs. Das
bietet den Fischen im Gewässer vielfältigere Laichmöglichkeiten und Verstecke oder z.B. dem Eisvogel Nistmöglichkeiten in einem Steilufer.
Durch Matsch und Schlamm
ging es dann in die Gersprenzaue Richtung Groß-Zimmern, vorbei an
„Himmelsteichen“, die dort bereits früher zur Aufwertung der Aue angelegt
wurden, um Amphibien einen Laichplatz zu bieten und Zugvögeln bei ihrer Rast
ein Nahrungsangebot zu machen.
An der eigentlichen
Baustelle erläutere Fornoff dann die dort sichtbaren Maßnahmen. Auf ca. 1,4
km Länge wird die Gersprenz renaturiert, d.h. sie bekommt auf einer
Teilstrecke ein schon erkennbares neues, mäandrierendes Bett. Mit dem Aushub
wird dann ein Teil des alten Bettes verfüllt, das übrige Bachbett bleibt als
toter Arm offen und dient als Stillgewässer. Im neuen Bachbett, aber auch in
Abschnitten der bestehenden Gersprenz werden, wie am Dilsbach,
„Störstellen“ aus Totholz und Kies eingebracht, die gemeinsam der Gersprenz
helfen, vor allem bei Hochwasser, ihr Bett vielfältiger zu gestalten. „Die
Gersprenz macht das schon, wenn man sie nur lässt“ erläuterte Fritz Fornoff
die Einsicht, dass man nicht, wie oft in der Vergangenheit, jede Kleinigkeit
mit Bagger und Schaufel vorgeben muss, sondern dem Fluss Chancen bietet,
natürliche Strukturen zu entwickeln. Das führt dann u.a. dazu, dass
natürliche Fischfresser wie z.B. der viel geschmähte Kormoran oder der
Reiher, nicht mehr so leicht an ihre Beute kommen, die Fische bessere
Chancen haben zu entkommen.
Auf der entstehenden
Halbinsel wird aus Kostengründen ein großer Teil der ausgebaggerten Erdmasse
in einer ca. 0,5m dicken Schicht aufgebracht. Anpflanzungen sind nur in
geringem Maße vorgesehen, z.B. von Auengewächsen, die in der Nahe nicht
vorkommen wie Eichen oder Eschen. Das Übrige „macht die Gersprenz schon
selbst“, wie Fornoff erläuterte, indem sie bei Hochwasser Samen z.B. von der
Erle mitbringt oder dem angeflogenen Weidensamen offenen Boden bietet. Sie
können sich dann von selbst ansiedeln, wie am Dilsbach zu sehen war, wo
überhaupt keine Anpflanzung erfolgte. Die Baumaßnahmen sollen je nach
Witterung noch im Dezember oder eben gleich im neuen Jahr abgeschlossen und
die Baustraßen wieder zurückgebaut werden. In wenigen Jahren wird dann die
Gersprenzaue zwischen den Naturschutzgebieten „Reinheimer Teich“ und
„Scheelhecke von Groß-Zimmern“ mit einem dann naturnahen Fluss einen
vielfältigen Lebensraum auch wieder für die so stark bedrohten Wiesenvögel
und Amphibien bieten. Wie schnell das geht, kann man bei der vor wenigen
Jahren erfolgten Renaturierung der Gersprenz zwischen Ueberau und
Groß-Bieberau sehen.
Abschließend führte
Fornoff die Teilnehmer zur Baustelle des künftigen „Totholzfängers“, der vor
der Breitwiesenbrücke dafür sorgen soll, dass schwimmende große Äste
oder Bäume nicht die Brücke blockieren oder beschädigen. Eine befestigte
Bagger-Zufahrt um solches Holz zu entfernen, ist im Bau. Damit und mit den
schon vor einiger Zeit erstellten beiden Poldern, die bei Hochwasser ab
einer gewissen Wassermenge anspringen, ist auch für die Sicherheit vor
Überschwemmung der Wohngebiete Groß-Zimmerns gesorgt: Also ein ausgewogenes
Auenkonzept für Mensch und Natur.
Beim Rückweg auf dem
Ostdamm der Gersprenz entdeckte Fritz Fornoff noch einen alten Biberabbiss
an einer Erle. Das ergänzte die Natur-Beobachtungen von fast hundert
Graugänsen, von Kormoran, Silber- und Graureiher vom Nachmittag. Im
spätnachmittäglichen Halbdunkel ging es schnurstracks nach Hause. |