NABU-Pressedienst, NABU Ueberau, Nr. 2/2010, 25. Januar 2010:
Der Biber in der
Gersprenzaue
Renaturierungsmaßnahmen
bieten geeigneten Lebensraum – Vorkommen auch bei Münster und Groß-Bieberau
Schon seit 2008 gab es
für aufmerksame Beobachter erste Anzeichen, dass der Biber, vor
Jahrhunderten in Deutschland fast ausgerottet, sich auch in der Gersprenzaue
wieder ansiedeln könnte. Vor einigen Tagen nun trat Fritz Fornoff,
Kreisbeauftragter für Vogelschutz und eifriger Naturbeobachter den Beweis
an: Meister Bockert, wie der Biber auch genannt wird, ist wieder da. Zur
angekündigte Exkursion waren, trotz Kälte und Schneefall, über fünfzig
Besucher in die Naturschutzscheune gekommen, wo Fornoff sie begrüßte und den
Biber vorstellte: Ein Nagetier, also Vegetarier, der mit bis zu 36 Kilo mehr
Gewicht auf die Waage bringt als z. B. ein Reh, mit einer Gesamtlänge von
ca. 1,35 Meter einschließlich der geschuppten Kelle, wie der Schwanz genannt
wird, der bis zu 20 Jahren alt werden kann und eine monogame Ehe führt,
solange beide Partner am Leben bleiben. Biber haben jährlich einmal 2,
höchstens 3 Junge.
Die Besucher sahen an
Beispielen, mit welcher Kraft Biberkiefer und Zähne Baumstämme bearbeiten
können und dabei daumengroße Späne produzieren. Gespannt auf die Realität in
der Gersprenzaue vertrauten sie sich dann alle der Führung an. Bei der
Renaturierungsstelle an der Gersprenz erläuterte Fornoff deren Fortschritte.
Er zeigte auf, wie mit einfachen Mitteln, z. B. durch die Verlagerung eines
Baumstumpfes in die Mitte des etwas aufgeweiteten Flusslaufs in kurzer Zeit
durch die Kraft des Wassers eine vielfältige und mit vielen Büschen und
Bäumen bewachsene Wasserlandschaft entsteht: schneller und langsamer
fließendes Wasser, kleine Sandbänke, Unterspülungen am Ufer als Unterstände
für Fische und Flachwasserzonen, in denen sich Jungfische gern aufhalten.
Dazu Gebüsche auf der entstehenden Insel, die für Räuber schlecht zugänglich
ist und Vögeln Ansitz- und Brutmöglichkeiten bieten.
An einem weiter oben an
der Gersprenz gelegenen Renaturierungsbereich, wo die Natur und das Wasser
schon länger wirken konnten, kamen dann die Biberinteressierten auf ihre
Kosten. Bäume und Gebüsche mit Stammstärken bis zu 20 Zentimetern waren
dutzendweise in ca. 40 cm Höhe abgenagt und flachgelegt, teilweise ihrer
Äste beraubt oder es fehlte die Rinde. Typische Anzeichen, dass man hier
mitten im Reiche des Bibers angelangt war. Fornoff erläuterte den
wissbegierigen Mitwanderern die Lebensweise von Meister Bockert: Vermutlich
ausgehend von einer Aussetzungsaktion im Sinntal im Spessart vor ca. 20
Jahren, haben sich die Biber entlang der Flusssysteme bis zum Main und dann
in die Gersprenz begeben, um neue Reviere für sich zu erschließen. Bei
„Bibers“ ist es nämlich üblich, dass nach dem 2. Jahr der Jungen bei der
Familie, in welchem sie diese bei der Aufzucht ihrer neuen Geschwister
unterstützen, sie vertrieben werden und sich neue Reviere suchen müssen. Das
verhindert eine Überpopulation auf engem Raum.
In einem solchen neuen
Revier gestaltet sich dann der Biber seine Wasserlandschaft selbst. Er baut
z.B. einen Damm und staut das Wasser, wenn das für den Transport und
Einlagerung seines Winterfutters, also kleiner Stämme und Äste, deren
Knospen und Rinde er im Winter verzehrt, nicht ausreicht. Er baut, wie vor
Ort zu sehen war, auch kleine Kanäle, wenn das Wasser an manchen Stellen im
Revier zu niedrig ist und nutzt diese zum gleichen Zweck. Man braucht auch
nicht zu befürchten, dass er nun alle Bäume „vernascht“: Die bei ihm
besonders beliebten Weiden schlagen rund um die Abbissstelle wieder aus und
wachsen umso schneller nach. Im Sommer dagegen nutzt er alles Grünzeug, das
bis in einer Entfernung von ca. 20 m vom Bachufer entfernt erreichbar ist.
Sein Nahrungsspektrum reicht von Gras über Kräuter, Schilf bis Mais oder
Getreide.
Als Feuchtraumgestalter
ist der eine große Bereicherung im Naturraum der Gersprenzaue. Bei Münster
und bei Groß-Bieberau, Nomen est Omen, gibt es ebenfalls Biberreviere.
Zum Abschluss bat
Fornoff die Besucher, für die der Nachmittag sicher ein Erlebnis besonderer
Art war, das Gelände im Sommer nicht zur Annäherung zu nutzen und vor allem
Hunde dort an die Leine zu nehmen, um den streng geschützten Biber bei
seiner Arbeit und Jungenaufzucht nicht zu stören. |